Weißfleckenkrankheit (Vitiligo)
Zusammenfassung:
Die Weißfleckenkrankheit ist eine relativ häufige Hautkrankheit, die sich durch mehr oder weniger große und zahlreiche weiße Flecken äußert, da es der Haut an Pigmenten fehlt; sie ist zwar nicht gefährlich und bereitet auch keine Beschwerden, stellt für die Betroffenen aber oft eine seelische Belastung dar. Die besten Behandlungserfolge werden derzeit mit der Photochemotherapie erzielt, bei der es allerdings oft zu Nebenwirkungen kommt. Der neue Behandlungsansatz der Übertragung körpereigener Pigmentzellen auf die weißen Stellen ist vielversprechend, aber noch im Versuchsstadium. Eine gute Hilfe bietet abdeckendes Spezial-Make-up.
URSACHEN
BESCHWERDEN
DIAGNOSE
BEHANDLUNG
LEBEN MIT DER KRANKHEIT
Ein bis zwei Prozent der Weltbevölkerung leiden an der Weißfleckenkrankheit ("Vitiligo"), die völlig harmlos und nicht ansteckend ist; Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. In über 90 Prozent der Fälle tritt die Krankheit vor dem 40. Lebensjahr auf. Die Weißfleckenkrankheit kommt in manchen Familien gehäuft vor - warum das so ist, wissen die Forscher noch nicht; 60 Prozent der Vitiligo-Kranken haben dagegen keine Verwandten mit dieser Hautkrankheit.
Besonders im Gesicht sind die weißen Flecken störend und können für die Betroffenen zu einem seelisch belastenden Problem werden.
Ursachen
Die Ursachen der Weißfleckenkrankheit sind noch nicht geklärt. Verschiedene Theorien werden derzeit auf ihre Richtigkeit überprüft:
Die Melanozyten - Zellen in der Haut, die den Hautfarbstoff Melanin herstellen - werden von Antikörpern des Immunsystems, welche die Melanozyten irrtümlich als fremd und feindlich einstufen, zerstört.
Die Melanozyten zerstören sich selbst.
Die Melanozyten werden durch extreme UV-Bestrahlung - etwa einen Sonnenbrand - dermaßen in Mitleidenschaft gezogen, dass sie die Melaninproduktion einstellen und verkümmern.
Die Melanozyten werden nicht zerstört, sondern arbeiten unzureichend, möglicherweise aufgrund einer Stoffwechselstörung, an der das Enzym Katalase beteiligt ist. Dieser neuen Theorie widerspricht allerdings die Tatsache, dass unter dem Mikroskop an den weißen Hautstellen keine Melanozyten zu finden sind ( Diagnose ).
Die Folge ist in jedem Fall, dass an den betroffenen Hautstellen kein Pigment gebildet wird.
Begünstigende Krankheiten
Manche der Betroffenen berichten, die weißen Flecken wären unmittelbar im Anschluss an einen Sonnenbrand, nach einer seelisch belastenden Situation oder nach extremem Stress aufgetreten. Dieses Phänomen ist an den Haaren im Volksmud als "Ergrauen über Nacht" bekannt.
Mögliche Folgeerkrankungen
Die weißen Hautstellen sind nicht durch körpereigene Farbpigmente geschützt. Es kann also wesentlich schneller zu Sonnenbrand kommen.
Auch die Netzhaut der Augen ist depigmentiert - das Sehvermögen ist durch die Depigmentierung der Netzhaut nicht beeinträchtigt.
Vorbeugung
Der Weißfleckenkrankheit kann nicht vorgebeugt werden.
Früherkennung
Eine Früherkennung ist nicht möglich.
Beschwerden
Kalkweiße ("depigmentierte") Flecken verschiedener Größe können entweder an nur einer Körperstelle ("fokale" Vitiligo), auf nur einer Körperseite ("regionale" Vitiligo) oder aber über den ganzen Körper ("generalisierte" Vitiligo) verteilt entstehen. Ist letzteres der Fall, so treten sie typischerweise ziemlich symmetrisch rund um den Mund, um die Augen, an den Ellbogen, Knien und Fingern auf, auch die Schleimhäute, die Handflächen und Fußsohlen können betroffen sein.
Die Flecken sind zu Anfang meist nur wenige Millimeter groß und scharf, aber unregelmäßig begrenzt. Befinden sich die depigmentierten Flecken auf dem Kopf, so werden auch die Haare an dieser Stelle mit der Zeit weiß.
Manchmal breiten sich die Flecken weiter aus, was Monate oder Jahre dauern kann; mitunter wird dann die gesamte Haut bis auf einige wenige Stellen weiß. Vorhersagbar ist dieser Prozess nicht. Bei 30 Prozent der Patienten kommt es zum "Köbner-Phänomen": An Hautstellen, die durch Verletzung oder Sonnenbrand in Mitleidenschaft gezogen werden, entstehen neue Vitiligo-Herde.
Begleiterscheinungen wie Jucken oder Abschuppen der betroffenen Hautstellen kommen nicht vor.
Ein vermehrtes Auftreten der Weißfleckenkrankheit wurde bei Menschen beobachtet, die an Schilddrüsenerkrankungen, an perniziöser Anämie, an Diabetes oder an kreisrundem Haarausfall leiden. Die Zusammenhänge sind noch nicht klar.
Diagnose
Die Diagnose stellt der Hautarzt nach eingehender Befragung des Betroffenen zu seiner Krankheitsgeschichte (Anamnese), zu Verwandten mit chronischen Erkrankungen und vor allem darüber, ob der Betroffene im letzten halben Jahr einen Sonnenbrand oder eine andere Hautverletzung durchgemacht hat und wie empfindlich er auf Sonnenbestrahlung reagiert.
Eine histologische Untersuchung eines kleinen Hautstücks der betroffenen Körperstellen kann die Diagnose bestätigen: Unter dem Mikroskop wird sichtbar, dass dort Melanozyten fehlen bzw. nur in den Haarbälgen vorhanden sind.
Da bei ungefähr 40 Prozent der Vitiligo-Kranken auch Pigmentveränderungen in der Netzhaut des Auges bestehen, kann eine augenärztliche Untersuchung zur Sicherung der Diagnose hilfreich sein.
Um eine andere Autoimmunerkrankung auszuschließen oder zu bestätigen, ist eine labormedizinische Untersuchung des Bluts auf möglicherweise vorhandene Auto-Antikörper notwendig.
Behandlung
Welche Behandlung im Einzelfall am zielführendsten ist, hängt vom Alter des Patienten sowie von Anzahl, Größe und Lage der Flecken ab. Jeder Patient spricht auf die verschiedenen Therapiemöglichkeiten anders an, deshalb ist auch nicht jede Behandlung für jeden geeignet.
Die Therapie der Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Schilddrüsenfunktionsstörungen ist zwar grundsätzlich wichtig, scheint aber keinen Einfluss auf die Weißfleckenkrankheit zu haben.
Heilungschancen
Eine Heilung der chronischen Erkrankung ist bisher nicht möglich. Sämtliche Behandlungen zielen darauf ab, die Flecken zu verringern oder weniger sichtbar zu machen.
Medikamentöse Behandlung
Bei sehr kleinen Flecken und vor allem bei Kindern wird von manchen Ärzten eine Behandlung mit Kortisonsalben ( Glukokortikoide ) empfohlen, um eine Pigmentierung der weißen Flecken zu erreichen. Die Salben werden direkt auf die betroffenen Hautstellen gebracht. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind wichtig, um im Falle der häufigen Nebenwirkung der Hautverdünnung sofort geeignete Maßnahmen zu setzen. Sind die weißen Flecken nach zwei Monaten nicht kleiner geworden, ist von der Kortisontherapie keine Wirkung mehr zu erwarten.
Zur Dunkelfärbung der weißen Flecken kann auch die Einnahme von Betakarotin beitragen. Die Färbung ist dann aber meist doch anders als die der umliegenden Haut, die meisten Patienten sind mit dem Resultat nicht zufrieden.
Bei sehr großflächigem Befall wird der umgekehrte Effekt angestrebt: ein Bleichen der kleineren Areale der normalen Pigmentierung. Dazu werden Cremes mit der Wirksubstanz Hydrochinon speziell angefertigt, die dann regelmäßig auf die Haut aufgetragen werden. Innerhalb eines Jahres bleicht die Haut dann nach und nach aus und bleibt dauerhaft hell. Als Nebenwirkung kann es zu Hauttrockenheit und Juckreiz und zu Unverträglichkeitsreaktionen kommen.
Physikalische Therapie
Das allgemein für die Photochemotherapie verwendete Kürzel PUVA steht für die kombinierte Bestrahlung mit UV-A-Licht und der Anwendung eines Wirkstoffes aus der Gruppe der Psoralene ( Methoxypsoralen ), der die Haut sonnenempfindlich macht. Der Wirkstoff kann sowohl (ca. zwei Stunden vor der Bestrahlung) eingenommen als auch örtlich in Form einer alkoholischen Lösung auf die Haut aufgebracht werden. Auch ein Ganzkörper-, Hand- oder Fußbad mit einer Psoralen-Lösung ca. 20 Minuten vor der Bestrahlung ist möglich, jedoch nur bei kleineren Vitiligo-Flecken.
Die PUVA-Therapie ist ziemlich zeitaufwändig: Um eine Reaktion - nämlich eine Wiederpigmentierung - einzuleiten, sind im besten Fall mindestens 20 Sitzungen (drei pro Woche) nötig; für einen dauerhaften Erfolg bis zu 100, wobei Vitiligo-Flecken an den Händen und Füßen schlechter ansprechen als am Rumpf. Bei ungefähr 70 Prozent der Patienten mit Vitiligo-Flecken am Kopf, am Hals, am Rumpf sowie an den Oberarmen und Beinen kommt es zu einem 80-prozentigem Verschwinden der Flecken. Sind die Hautstellen wieder völlig pigmentiert, so bleiben sie es für gewöhnlich auf Dauer.
Die Nebenwirkungen sind allerdings mitunter beträchtlich: Bei länger dauernder Behandlung kann es zu Hautschädigungen und zu stärkerer Pigmentierung der gesunden Haut kommen; bei Einnahme von Psoralen zu Übelkeit; viele Patienten klagen auch über Juckreiz und Hauttrockenheit. Zudem tritt bei Patienten nach lange dauernder PUVA-Therapie vermehrt ein bestimmter Hautkrebs ("Plattenepithelkarzinom") auf. Bei jungen Patienten wird diese Behandlungsform deshalb besonders zurückhaltend angewendet, bei Kindern gar nicht.
Nur Ärzte oder Kliniken mit spezieller Ausbildung und geeigneten Einrichtungen dürfen die Photochemotherapie durchführen.
Chirurgische Maßnahmen
Eine chirurgische Maßnahme ist derzeit im Versuchsstadium: die Transplantation von Melanozyten, die aber nur bei Vitiligo-Kranken mit wenigen Flecken, bei denen auch kein Köbner-Phänomen auftritt, möglich ist. Dazu werden aus einem kleinen Hautstück mit normaler Pigmentierung Pigmentzellen gezüchtet und in die Vitiligo-Stellen verpflanzt ("Minigrafting"). Im Anschluss an die Operation wird über einige Wochen eine PUVA-Therapie durchgeführt.
Über die Langzeitwirkung dieses Eingriffes stehen noch entsprechende Studien aus.
Leben mit der Krankheit
Für Vitiligo-Kranke ist Sonnenschutz besonders wichtig: Einerseits müssen die Hautstellen ohne Pigmentierung vor Sonnenbrand geschützt werden, andererseits ist es sinnvoll, eine Bräunung der übrigen Haut zu verhindern, da dadurch der Unterschied in der Hautfarbe noch deutlicher sichtbar wird. Sonnenschutzmittel mit einem Lichtschutzfaktor über 20 sind dazu geeignet. Sie sollten ca. eine halbe Stunde, bevor man an die Sonne geht, reichlich aufgetragen werden, damit sie ihre Wirksamkeit voll entfalten können. Ein regelmäßiges Nachcremen alle zwei Stunden und besonders nach dem Schwimmen ist notwendig. Um die Mittagszeit ist Sonnenbestrahlung generell zu meiden.
Hilfen für den Alltag
Um weiße Flecken im Gesicht zu überdecken, stehen etliche kosmetische Präparate zur Verfügung, die "Camouflage-Make-up" genannt werden und entweder fertig gekauft oder in spezieller, der normalen Hautfärbung entsprechender Mischung zubereitet werden können. Solche Präparate, die wischfest sind, enthalten oft auch Sonnenschutzfilter.
Auch die Anwendung von selbstbräunenden Cremes kann den Unterschied zwischen der normalen und der weißen Haut ausgleichen. Der Umgang mit diesen Produkten ist anfänglich nicht ganz einfach, viele Betroffene sind nach einer kurzen Eingewöhnungszeit jedoch sehr zufrieden damit. Vor allem bei der Anwendung in den am meisten störenden Arealen - dem Gesicht und den Händen - stellen Selbstbräuner eine gute Lösung dar.
Psychologische Betreuung
Viele Vitiligo-Kranke leiden unter ihrem Aussehen, fühlen sich ausgestoßen, gebrandmarkt und ziehen sich aus der Gesellschaft zurück. Historisch gesehen wurde tatsächlich früher Menschen mit Vitiligo stigmatisiert, da diese Erkrankung äußerlich Ähnlichkeit mit der Lepra hatte, die anfangs auch mit ähnlichen weißen Flecken einhergehen kann. Vitiligo ist sicher nicht ansteckend (im Übrigen kann die Lepra - wenn überhaupt - nur bei sehr engem und längerem Körperkontakt übertragen werden).
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die helfen, mit der Krankheit besser umzugehen:
Wichtig ist, mit dem behandelnden Hautarzt auch über seelische Probleme offen zu sprechen.
Vielen Kranken hilft auch das Gespräch mit Leidensgenossen. Ebenfalls betroffene Mitglieder von Selbsthilfegruppen können mit Rat und Tat zur Seite stehen; oft werden auch Informationsabende mit Experten organisiert, die sehr hilfreich sind.
Je mehr der Patient über seine Krankheit weiß, desto eher lernt er, damit umzugehen bzw. welche Therapie für ihn am besten ist.
Psychologische Hilfe kann sinnvoll sein, wenn der Patient mit seiner Krankheit allein nicht zurecht kommt. Welche Art der Psychotherapie für den Einzelnen in Betracht kommt, kann der Betroffene nur selbst in einem ersten Gespräch mit einem Psychotherapeuten entscheiden.
Bei depressiven Symptomen ist eine Psychotherapie und gegebenfalls die Einnahme von Antidepressiva sinnvoll.